Jetzt kommen die Dachlawinen…

Aktuell entstehen an geparkten Autos hohe Schäden durch mit Eis „aufgeladene“ Dachlawinen.

Viel Autofahrer sind ratlos:

Wer haftet?
Was kann ich als Geschädigte tun?
Was müssen Gebäudeeigentümer machen?

1. Eigenen Versicherung?

Nur die Vollkaskoversicherung deckt die oft ganz erheblichen Schäden ab. Teilkaskoversicherungen erfassen meist nur Glasschäden, es sei denn Sie haben eine spezielle Dachlawinen-Klausel.
Die Vollkaskoversicherer ziehen außerdem die vertraglichen Selbstbeteiligungen ab. Wer keine Kaskoversicherung hat, geht versicherungsrechtlich leer aus.

 

  1. Hauseigentümer?

Auch der Hauseigentümer kann haften (Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, § 823 BGB).
Gebäudeeigentümer sind nämlich verpflichtet, von Ihrem Grundstück und Gebäude ausgehende Gefahren möglichst zu verhindern.
Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht hängt ab von den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs, aber auch von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit des Verpflichteten (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012 – I-7 U 87/11).

Bei „normalen“ Dachlawinen haftet der Gebäudeinhaber nicht ohne weiteres.
Nach überwiegender Rechtsprechung trifft Hauseigentümer -außer in besonderen Situationen- grundsätzlich nämlich nicht die Pflicht, Dritte vor Dachlawinen durch spezielle Maßnahmen zu schützen (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012 – I-7 U 87/11, BGH, NJW 1955, 300; OLG Hamm, NJW-RR 1987, 412; 2003, 1463).

Was sind also solche besonderen Situationen?
Auch ohne besondere behördliche Auflagen müssen Hauseigentümer bei besonders schnellen und gefährlichen Tauwetterlagen -so wie derzeit- ihr Dach kontrollieren und bei akuten Abrutschgefahren handeln: z.B. Absperren, Warnschilder, kontrolliertes Abrutschen.

Wer das nicht macht, haftet bei Schäden auf Schadenersatz. Bei Körperschäden kommen auch Schmerzensgeldansprüche (§ 253 BGB) in Betracht. Es können auch strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet werden (§ 223, 229, 230 StGB).

Besonderen Haftungssituationen können auch sein: Schneelage des Ortes, Beschaffenheit des Gebäudes, besondere Dachneigung, ortsübliche Sicherheitsvorkehrungen, örtliche Verkehrsverhältnisse, konkrete Schneeverhältnisse und Witterungslage.
In schneereichen Regionen müssen Fanggitter auf dem Dach montiert werden.

Wichtig: In manchen Städten gibt es Auflagen dazu. Wenn die missachtet werden, haftet der Gebäudeeigentümer für Schäden.

Achtung: Viele Städte regeln in ihren Ortssatzungen, dass Schneeüberhänge beseitigt werden müssen. Auch das kann schnell zu einer Haftung führen.
Also rechtliches Glatteis.

 

  1. Tipps für Geschädigte
    Zuerst Fotos machen von Auto, Straße, Haus und Dach (sehr wichtig!)
    Eigenen Versicherungsschutz prüfen
    Parallel Kontakt zum Hauseigentümer aufnehmen
    Schäden am Auto dokumentieren
    Schäden der Höhe nach schätzen lassen (Gutachten, Kostenvoranschlag)
    Ansprüche anmelden
    Zahlungsfrist (2 Wochen) setzen

 

RA Kempgens, 16.2.2021

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