Können ArbeitgeberInnen MitarbeiterInnen zum Test zwingen? Was müssen ArbeitgeberInnen machen und was ArbeitnehmerInnen?

Grundsätze
Alle Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag und außerdem aus sog. vertraglichen Nebenpflichten, die zwar nicht im Vertrag explizit erwähnt sind, ab arbeitsrechtlich gewissermaßen „selbstverständlich“ sind. Andere Rechtsquellen können noch sein Tarifverträge oder auch Betriebsvereinbarungen. Eine Testpflicht steht aber -außer in Spezialbereichen- in keinem Arbeitsvertrag, auch nicht in Tarifverträgen und so gut wie nie in Betriebsvereinbarungen. D. h.: Es gibt so gut wie nie eine direkte Vereinbarung zwischen ArbeitnehmerIn und ArbeitgeberIn zur Testpflicht.

Differenzierung Test-Angebots-Pflicht / Test-Annahme-Pflicht
Arbeitsrechtlich wichtig ist die die Unterscheidung zwischen der Pflicht der ArbeitgeberInnen, einen Test anzubieten und die Pflicht der ArbeitnehmerInnen ein solches Testangebot anzunehmen.

Test-Angebots-Pflicht
ArbeitgeberInnen sind zu Schutzmaßnahmen gegenüber ihren MitarbeiterInnen grundsätzlich gesetzlich verpflichtet (§ 618 BGB). Daraus ergibt sich auch eine arbeitsrechtliche Pflicht für die Arbeitgeber, Maßnahme zu ergreifen, um Mitarbeiter auch untereinander / voreinander zu schützen.

Diese arbeitgeberseitige Pflicht aufnehmend ergibt sich aktuell aus dem Bund-Länder-Beschluss vom 24.3. eine Test-Angebots-Empfehlung an ArbeitgeberInnen. Die Bundesländer Berlin und Sachsen haben daraus zwischenzeitlich eine Test-Angebots-Pflicht gemacht.

Gibt es eine -nebenvertragliche- Test-Annahme-Pflicht für ArbeitnehmerInnen?
Rechtlich Umstritten.
Bei einem Coronatest ist der Eingriff in die persönliche Entscheidungsfreiheit und die durch Art. 2 Abs. 2 GG grundrechtlich geschützte körperliche Unversehrtheit derart gering, dass sich ein Anspruch des Arbeitgebers auf Teilnahme an Testverfahren aus arbeitsvertraglicher Nebenpflicht gemäß §§ 241, 242 BGB ergeben kann. Auch ArbeitnehmerInnen sind nämlich zur betrieblichen Mitwirkung verpflichtet. Höhergerichtliche Entscheidungen von Arbeitsgerichten gibt es dazu naturgemäß noch nicht.

Aus den Coronaschutzverordnungen in Sachsen und Berlin ergeben sich jedenfalls auch keine allgemeinen Test-Annahme-Pflicht für Arbeitnehmer. (Ausnahme: In Sachsen Test-Pflicht für Beschäftigte, Selbstständige mit direktem Kundenkontakt, § 3a der aktuellen Sächsischen CoronaschutzVO bzw. Berlin Testpflicht für Selbständige, § 6a der aktuellen Berliner CoronaschutzVO).

Was gilt bei einer staatlich durch Gesetz oder Verordnung eingeführten Testpflicht?
Sollte eine Testpflicht durch z. B. Verordnung auch für die ArbeitnehmerInnen kommen, ergäbe sich daraus eine direkte Verpflichtung der ArbeitnehmerInnen zum Test. Würden Arbeitnehmer dies dann nicht machen, könnten sie ihre Arbeitskraft nicht mehr anbieten und verlören parallel ihren Lohnanspruch. Bei längerer -nicht gerechtfertigter- Weigerung wären dann sogar Abmahnung und Kündigung des Arbeitsverhältnisses denkbar.

Rechtlich könnte eine solche Testpflicht gestützt werden auf §§ 28, 28a, 32 IfSG. Natürlich wäre das auch ein Eingriff in Grundrechte, der aber m. E. wegen Geringfügigkeit des Eingriffes und über den Gesetzesvorbehalt gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG gedeckt wäre. Bei der Abwägung solcher Rechtsfragen geht es um die Gegenüberstellung von „Sonderopfer“ des Einzelnen im Verhältnis zur Bedeutung für die Allgemeinheit.

RA Arndt Kempgens, Stand 9.4.2021, 14.30 Uhr

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