GELSENKIRCHEN-BUER.  Ein Überholmanöver in einer Rettungsgasse hat einen Autofahrer so erzürnt, dass er den Fahrer (74) beleidigte und seine Ehefrau (64) schlug.

So einen Fall von Gewalt am Steuer hat es in Gelsenkirchen wohl selten gegeben. Ein älterer Autofahrer ist im Streit um das richtige Verhalten in einer Rettungsgasse beleidigt, seine Ehefrau, die schlichten wollte, sogar niedergeschlagen worden. Für den Gelsenkirchener Verkehrsrechtler Arndt Kempgens ein typischer Fall, bei dem die Staatsanwaltschaft prüft, ob dem mutmaßlichen Schläger aufgrund „erheblicher Aggression im Straßenverkehr die Fahrerlaubnis entzogen werden muss“.

Was ist passiert? Nach Polizeiangaben ist am Freitagabend, 7. Juli, ein 74-jähriger Autofahrer aus Gelsenkirchen mit seiner Frau (64) auf der Kurt-Schumacher-Straße unterwegs gewesen. In Höhe der Kreuzung Emil-Zimmermann-Allee näherte sich ein Rettungswagen mit eingeschaltetem Blaulicht.

Handfesten Streit ausgelöst: Gelsenkirchener Senior fährt erst am Ende der Rettungsgasse beiseite

Der 74-Jährige fuhr daraufhin durch die sich bildende Rettungsgasse, um am Ende schließlich wieder in die Spur einzuscheren und ebenfalls rechts beiseite zu fahren. Daraufhin stieg ein anderer Autofahrer, den der Senior zuvor überholt hatte, aus seinem Auto aus, kam zum Wagen des 74-Jährigen und haute auf den Kofferraum. Anschließend stellte er sich vor die Fahrertür und stieß Beleidigungen gegen den Gelsenkirchener aus.

Als dann die 64-jährige Ehefrau aus dem Auto ausstieg, um den Streit zu schlichten, wurde sie ebenfalls beleidigt. Die ältere Dame versuchte nach Behördenangaben dann, den Mann wegzudrängen, worauf der großgewachsene, muskulöse Mann die 64-Jährige so heftig schlug, dass sie zu Boden ging. Anschließend flüchtete der mutmaßliche Schläger samt Beifahrerin in einem Auto in unbekannte Richtung. Das Gelsenkirchener Ehepaar erstattete auf einer Polizeiwache Anzeige.

„Das dürfte ein typischer Prüffall für die Staatsanwaltschaft sein“, sagte der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens. Ein derart hohes Aggressivitätspotenzial werfe bei den Behörden die Frage auf, ob der Tatverdächtige überhaupt geeignet ist, ein Fahrzeug zu führen. Kempgens Einschätzung nach muss der Flüchtige mit dem Entzug seines Führerscheins durch die Staatsanwaltschaft rechnen, weil dort eine allgemeine Gefahr auch für andere Verkehrsteilnehmer gesehen werden könnte.

Ob dem Senior tatsächlich ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist, sei laut Kempgens gar nicht mal klar. „Denn wir bewegen uns juristisch in einem Grenzbereich.“ Sofortige Freiräumpflicht bestehe bei Blaulicht und Martinshorn. Ob Letzteres eingeschaltet war, ist aber offen. Die Polizei war am späten Montagnachmittag nicht zu erreichen.

Gelsenkirchener Anwalt: Fehlverhalten ist dem Senior nicht eindeutig zuzuordnen

Mitunter mache ein Blaulichteinsatz an einer Kreuzung es für andere Verkehrsteilnehmer notwendig, über die Haltelinie der Kreuzung zu fahren, um dann Platz zu machen, so der Rechtsanwalt weiter – „notfalls auch bei Rot“. Außerdem ist abzuklären, ob für den älteren Autofahrer überhaupt die Möglichkeit bestanden haben, direkt zur Seite auszuweichen. Wenn der 74-Jährige den herannahenden Rettungswagen nicht behindert oder seine Durchfahrt verzögert habe, so sei seine Reaktion nicht zu ahnden.

Bei dem Gesuchten handelt es sich um einen etwa 20 bis 30 Jahre alten Mann, er ist circa 1,90 Meter groß und von athletischer Figur. Er hatte blonde, kurze Haare und trug ein weißes T-Shirt mit Aufdruck sowie eine kurze Hose. Seine Beifahrerin war ebenfalls zwischen 20 und 30 Jahre alt, etwa 1,65 Meter bis 1,75 Meter groß, schlank und hatte schwarze, lange Haare. Bei dem Fahrzeug handelte es sich vermutlich um ein asiatisches Fabrikat in der Farbe silber/weiß.

Hinweise an die Polizei unter: 0209 365 7512 oder 0209 365 8240.