Kanzleiinfo 29.3.2022
Will Smith-Fall, Oliver Pocher-Fall: Ohrfeigen en vogue?
Aktuell scheinen Ohrfeigen als harte, aber vermeintlich zulässige Meinungsäußerungen an Beliebtheit zu gewinnen..
Wie ist die Rechtslage?
Strafrechtlich ist jede Ohrfeige vorsätzliche Körperverletzung und strafbar mit bis zu 5 Jahren Haft oder Geldstrafe (§ 223 StGB).
Es reicht nämlich bereits eine üble, unangemessene Behandlung durch den Täter aus, durch das das körperliches Wohlbefinden des Opfers nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird (BGH).
Ohrfeigen überschreiten regelmäßig diese Schwelle. Es handelt sich um ein sog. Antragsdelikt, von Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur auf Strafantrag des Betroffenen verfolgt wird. Wenn Betroffene Anzeige bei der Polizei erstatten, werden solche Verfahren keinesfalls als Kavalierdelikte behandelt. Meist kommt es zu Anklagen oder Strafbefehlen.
Die Ahnung selbst ist abhängig von Umfang und Intensität. Bei geringen Verletzungen (Will-Smith-Fall) sind auch Verfahrenseinstellungen gegen Geldauflagen möglich. Bei gravierenden Fällen (Pocher-Fall) sind auch erhebliche Geldstrafen und im Einzelfall kurze Freiheitsstrafen möglich.
Eine Rechtfertigung solcher „Meinungsäußerungen“ durch zuvor erlebte Unhöflichkeiten oder vermeintliche Fehlverhalten der Opfer ist strafrechtlich irrelevant. Denn: Für Notwehr, Nothilfe, Notstand und Co. fehlt es an der erforderlichen Gegenwärtigkeit des vorherigen Angriffs und der Erforderlichkeit der Abwehr durch Ohrfeige.
Zivilrechtlich teuer wird es für die Angreifer, wenn die Opfer Schadenersatz (z. B. Verdienstausfall) oder Schmerzensgeld geltend machen (§ 823 BGB). Wenn die Opfer sogar medizinisch versorgt werden müssen (Pocher-Fall), fordern die Krankenversicherer regelmäßig alle Behandlungskosten vom Täter zurück. Private Haftpflichtversicherungen der Täter kommen dafür nicht auf, Forderungen bleiben selbst bei einer privaten Insolvenz bestehen (§ 302 InsO), nehmen also nicht an der Restschuldbefreiung teil.
Die Ohrfeige als Meinungsäußerung? Keine gute Idee. Einmal schlagen, immer pleite.
RA Kempgens, Stand 29.3.2022