Der Fall: Eine nichtbinäre Person bekommt im Freibad Hausverbot, weil kein Oberteil trägt.
Jetzt rudern die Schwimmbadbetreiber zurück (https://www.rnd.de/panorama/goettingen-frauen-duerfen-oben-ohne-ab-1-mai-2022-ins-schwimmbad-HDA2GS4OYY2WGM2WQV6YZOTVZY.html).

Aber: Wie ist die Rechtslage?

Oben ohne im Freibad, was gilt diesen Sommer?

Die spannende Diskussion um eine nichtbinäre Badende in Göttingen, die aus persönlichen Gründen kein Bikinioberteil tragen will, wirft viele Rechtsfragen auf.

Darf ein Schwimmbad Bikinioberteile vorschreiben oder auch freistellen?

Grundsätzlich gilt Hausrecht und Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) . Der Betreiber eines Schwimmbades darf selbst bestimmten, wer, unter welchen Voraussetzungen, wie bei ihm Schwimmen gehen darf.

Er darf dabei aber nicht gegen den Anti-Diskriminierungsgesetz (AGG) verstoßen, denn das bildet eine Grenze der Privatautonomie.

Ob eine Bikini-Vorschrift gegen das AGG verstößt ist rechtlich unklar, aber durchaus diskutabel unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen Geschlecht oder sexuelle Identität.

Wann ist Nacktheit verboten bzw. strafbar?

Exhibitionistische Handlungen können strafbar sein, wenn andere Personen belästigt werden (§ 183 StGB). Entblößen in diesem Sinne müsste allerdings mit sexueller Motivation verbunden sein.

Auch ein Bußgeld (§ 119 OWiG) oder Strafsache (§ 183a StGB) wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses ist möglich.

Ordnungswidrig handelt, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen.

Ob das zutrifft oder nicht, ist Sache des konkreten Einzelfalls. Bei einem Verstoß drohen Geldbußen zwischen 5 und 1.000 EUR.

Oben ohne im Freibad oder am Baggersee verstößt allerdings in aller Regel nicht dagegen (auch ohne ausdrückliche Regelung). Oben ohne in der Fußgängerzone ist dagegen in aller Regel kritisch.

RA Kempgens, Stand 29.4.2022