Anbei einiges zum neuen Reiserecht, aber auch einige neue spannende Urteile zum Reiserecht:
Neues Reiserecht ab dem 1.7.2018.
Mit der Neuerung wird in Deutschland die EU-Richtlinie über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen umgesetzt.
Was verbessert sich für Reisende?
- Reisemängel können ab sofort auch noch zwei Jahre nach Reiseende geltend gemacht werden.
Die Frist betrug bisher 1 Monat und wurde in der Vergangenheit von vielen Reisenden verpasst. Die Veranstalter haben hierauf oftmals geradezu gelauert.
Trotzdem müssen Reisende vor Ort den Mangel natürlich sofort rügen, Fotos machen und Zeugennamen aufschreiben.
- Auch wenn das Reisebüro oder das Internetportal einzelne Bausteine anbietet (Flug, Hotel, Mietwagen) gelten ab sofort als Veranstalter und haften für das „Komplettpaket“.
Das ist eine deutliche Verbesserung. Bisher konnten die Internetportal auf die Drittanbieter verweisen. Heute kann man sich direkt an die Portale wenden.
Reisende sind damit ab sofort über die Insolvenzversicherung des Veranstalters auch dann abgesichert, wenn das im Paket gebuchte Hotel vor Ort pleite ist.
- Haftungsbeschränkungen der Veranstalter sind deutlich eingeschränkt worden.
Bisher gab es in AGBs oft Haftungsbeschränkungen auf den dreifachen Reisepreis. Dies ist ab sofort so nicht mehr möglich. Dies spielt insbesondere eine Rolle bei umfangreicheren Körperschäden (Verletzungen, Erkrankungen).
- Veranstalter und Vermittler treffen umfangreiche Hinweispflichten. Wenn Sie dies missachten, machen Sie sich schadenersatzpflichtig.
Der Veranstalter muss beispielsweise mitteilen, wer genau die Drittleistungen erbringt und haftet.
Was verschlechtert sich für Reisende?
- Es kann plötzlich teurer werden.
Der Veranstalter darf nämlich bis 20 Tage vor Reisebeginn den Reisepreis um bis zu 8 % erhöhen, wenn höhere Treibstoffkosten, Steuern, Wechselkurse oder Flughafengebühren entstanden sind.
Bei einer Familienreise für 2000 € kann sich dadurch beispielsweise der Reisepreis kurzfristig noch um 160 € erhöhen. Dies soll Reisende bei der Buchung bereits berücksichtigen, weil eine derart hohe Nachzahlung ein großes Loch in die Urlaubskasse reißen kann. Der Veranstalter muss dann natürlich die Voraussetzungen, also die Preiserhöhungen nachweisen.
Welche spannenden neuen Reiseurteile gibt es sonst noch?
- BGH, Urteil vom 29. Mai 2018, X ZR 94/17: Reisende haben einen Anspruch auf Schmerzensgeld (Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit), wenn eine Reise im letzten Moment wegen Buchungsfehlern platzt oder komplett abgesagt wird. Der Anspruch kann genauso hoch sein wie der Rückzahlungsanspruch. Dies bedeutet, dass man zum einen den Reisepreis zurückbekommt und zum anderen noch eine Schmerzensgeldzahlung in derselben Höhe!!!
- LG Düsseldorf, Urteil vom 20.11.2017, 22 O 74/16 (Fall unserer Kanzlei): Wenn mehr als 10 % der Hotelgäste an derselben Erkrankung (z. B. Durchwahl) leiden, ist dies ein Anscheinsbeweis dafür, dass die hygienischen Zustände miserabel sind. In derartigen Fällen bekommen erkrankte Reisende nicht nur den Reisepreis zurück, sondern auch Schmerzensgeldbeträge. Dies ist deswegen ein wichtiges Urteil, weil sich Hotelbetreiber auf darauf berufen, dass die Erkrankung auf andere Umstände zurückzuführen war.
- Sensationelles BGH Urteil vom 21. November 2017 – X ZR 111/16: „Schmerzensgeld“ auch, wenn nur einzelne Tage mangelhaft (hier: fehlender Meerblick).
Auch wenn nur einzelne Tage mangelhaft sind, kann der Reisende einen Geldbetrag für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit gemäß § 651 f BGB (ähnlich „Schmerzensgeld“) verlangen.
Dies war im Prozess und auch sonst sehr umstritten. Im zu entscheidenden Fall waren nämlich nur einzelne Tage vom Reisemangel erfasst. Es fehlte Meerblick, nach einigen Tagen hatte der Kläger einen anderes Zimmer dann mit Meerblick erhalten. Im Prozess war streitig ob das für einen Schmerzensgeldanspruch ausreicht. Mit einem deutlichen „JA“ zu dieser Frage hat der BGH nun mit anders lautenden Meinungen aufgeräumt. Gut für Reisende.
Arndt Kempgens. Rechtsanwalt. 30.6.2018