26.09.2018 / aktueller Fall unserer Kanzlei
TUI-Streik mit Folgen für Reiseveranstalter.
Flug-Reisende bekommen bei „wildem Streik“ sogar Schmerzensgeld.
Ein Reiseveranstalter muss bei einem „wilden Streik“ Schmerzensgeld für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit gemäß § 651n Abs. 2 BGB zahlen.
Mit diesem spannenden Urteil hat das Landgericht Köln jetzt (25.09.2018) ein erstinstanzlich abweisendes Urteil des AG Köln aufgehoben und den von unserer Kanzlei vertretenen Reisenden Recht gegeben (LG Köln, AZ 11 S 326 / 17).
Das klagende Ehepaar aus Gelsenkirchen wollte am 8.10.2016 mit TUIfly von Düsseldorf nach Teneriffa fliegen. Der Flug musste aber wegen eines „wilden Streiks“ abgesagt werden. Bei der Fluggesellschaft hatten sich 67 % der Piloten und 61 % des Kabinenpersonals für eine Woche (3. – 10.10.2016) plötzlich krank gemeldet.
Der Reiseveranstalter hatte sich auf fehlendes Verschulden berufen. Es wurde zwar der Reisepreis erstattet, mehr aber nicht.
Das Ehepaar verlangte aber zusätzlich ein Schmerzensgeld wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe einer -weiteren- Hälfte des Urlaubspreises plus Kosten eines zuvor gezahlten -und nicht genutzten- Mietwagens. Das hatte das Amtsgericht Köln in erster Instanz abgelehnt.
„Wilder Streik“ des Flugpersonals ist ein Verschulden der Mitarbeiter der Fluggesellschaft, sagt dagegen jetzt das Landgericht Köln und hat deswegen den Reiseveranstalter -als Vertragspartner des Ehepaars- verurteilt. Der Reiseveranstalter müsse nämlich das Verschulden der Personen mit vertreten, die er bei seiner Vertragsauserfüllung einsetze.
Mit diesem sensationellen Urteil werden die Rechte der Reisenden deutlich weiter gestärkt.
Am 17.4.2018 hatte der Europäische Gerichtshof für -den selben- „wilden Streik“ im Oktober 2016 bei TUIfly entschieden, dass den Reisenden ein Pauschalanspruch (je nach Entfernung bis zu 600 EUR) nach der EU-Fluggastrechtsverordnung gegen die Fluggesellschaft zusteht. Dies unter den zwei Voraussetzungen, dass das Ereignis, das zu den Behinderungen führte, nicht Teil der normalen Betriebstätigkeit ist (1.) und von der Fluggesellschaft nicht beherrschbar ist (2.). Schmerzensgeld und Schadenersatz für ausgefallene Mietwagenkosten gibt es aber nach der EU-Fluggastverordnung nicht.
Die jetzige Entscheidung des LG Köln geht daher deutlich weiter, da das Gericht eine darüber hinaus gehende Haftung des Reiseveranstalters und nicht nur der Fluggesellschaft sieht, und außerdem die Haftung nicht nur auf die -geringere- Pauschale beschränkt ist, sondern sogar einen Schmerzensgeldanspruch ermöglicht.
Für weitere Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.
Arndt W. Kempgens