Das Fahrverbots-Urteil des VG Gelsenkirchen 8 K 5254/15 vom 15.11.2018 stellt alle Autofahrer, die Städte und das gesamte Ruhrgebiet vor massive tatsächliche und Rechtsprobleme.
Erstmals ist auch eine Autobahn von Fahrverboten betroffen. Bisher waren Autobahnen von Umweltzonen durch entsprechende Beschilderung durchgehend sogar ausdrücklich ausgenommen. Der Grund lag auch darin, dass ein Fahrverbot auf einer Autobahn kaum mit praktischen Mitteln kontrollierbar ist.
Damit ist jetzt Schluss. Es ist zu erwarten, dass auch in anderen Ballungsräumen innerstädtische Autobahnen demnächst erfasst werden bzw. in Urteile ausdrücklich aufgenommen werden.
Von dem Verbot betroffene Autofahrer werden sich Schleichwege suchen, sodass das Umweltproblem von der A 40 auf Nebenstraßen verdrängt wird.
Die Kommunen werden vor dem Problem stehen, die Autobahnen entsprechend auszustellen und die Polizei wird die Einhaltung kontrollieren müssen. Einzelne Kontrollen werden aber in der ohnehin durch dichten Verkehr erheblich belasteten Ruhrgebietszone zu kilometerlange Staus führen.
Das Urteil erhöht auf den Druck auf den Fahrzeughersteller (Nachrüstsätze) sowie die Politik. Das Land NRW hat Berufung gegen das Urteil zum OVG Münster eingelegt. Ob dies zu einer Änderung führen wird, bleibt abzuwarten. Immerhin hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass Fahrverbote durchaus in Betracht kommen.
Der Wert von diesen Fahrzeugen wird durch das Urteil noch weiter massiv absacken.
Nach dem Urteil wird es nachfolgend um die konkrete Umsetzung in den Gemeinden gehen. Es wird dann auch um die noch ungeklärten Fragen gehen, wann und in welchen Fällen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden müssen.
Die Prozesse sind Folge des VW Diesel Abgasskandals. Autofahrer befinden sich in einer üblen Situation. Einerseits wurden sie von VW getäuscht, andererseits müssen sie das Problem zivilrechtlich (sinkender Fahrzeugwert) und auch verwaltungsrechtlich (Fahrverbote) ausbaden.
Das Oberlandesgericht Hamm geht derzeit davon aus, dass bei Autohäusern geschlossene Verträge nicht mit dem Hinweis auf Täuschung durch VW angefochten werden können, da die Täuschung von VW den (gutgläubigen) Autohäusern nicht zurechenbar ist (OLG Hamm, Beschluss vom 15. August 2017 – I-28 U 65/17: 1). Den geschädigten Autokäufern bleiben dann die Gewährleistungsansprüche gegen die Autohäuser gemäß §§ 434, 437 BGB, die aber nach zwei Jahren verjährt sind.
Zum 1. November 2018 wurde aufgrund der politischen Diskussion die Musterfeststellungsklage eingeführt. Eine solche Klage wurde inzwischen auch eingereicht. Ziel der Musterfeststellungsklage ist es feststellen zu lassen, dass die VW AG eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung verursacht hat, für den die Volkswagen AG aufkommen muss. Diese Ansprüche ind solche aus unerlaubter Handlung und sind daher gesondert von den vertraglichen Ansprüchen gegen den Verkäufer zu betrachten.
Durch die Klage kann es also sein, dass auch Autofahrer, deren Ansprüche eigentlich verjährt sind, noch Entschädigung erhalten.
Aufgrund dieser besonderen Situation raten wir daher zur Eintragung in das Klageregister.
Hierbei und für weitere Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
RA Kempgens 23.11.2018