BILD online 23.12.2020 – 10:17 Uhr
Eines ganz klar vorweg: Natürlich sind die Einhaltungen der Corona-Vorschriften wichtig! Die Frage aber, die sich rechtskundige Fachleute stellen: Halten die bei Verstößen verhängten hohen Bußgelder einer Überprüfung vor den Gerichten stand?
So hat zum Beispiel die Kanzlei von Anwalt Arndt Kempgens (52, bekannt aus der BILD-Live-Sendung „Sparfochs – Es geht um Ihr Geld“) aus Gelsenkirchen (NRW) bisher alle Mandanten mit Corona-Knöllchen vor dem Amtsgericht rausgeboxt.
Zunächst ein Blick auf die Statistik: Nach dem November-Lockdown hat sich die Zahl der Bußgeld-Verfahren zum Beispiel in Hamburg verdreifacht (Corona-Knöllchen-Einnahmen seit Pandemiebeginn 1 288 808 Euro/Stand 6.12.), in Hannover sogar verachtfacht (insgesamt 501 297 Euro).
Knöllchen-Spitzenreiter ist Stuttgart
Bußgeld-Spitzenreiter ist Stuttgart (1 946 880 Euro), gefolgt von München (1 750 000 Euro).
Am häufigsten wurden Verstöße gegen den Mindestabstand von 1,50 Meter in der Öffentlichkeit beanstandet (Hamburg zum Beispiel bis 150 Euro).
Um solche Vergehen drehen sich seit Beginn der Corona-Pandemie die meisten Fälle bei BILD-TV-Anwalt Arndt Kempgens: Joggen ohne Abstand, zu dichtes Zusammenstehen in der Fußgängerzone. Kempgens: „Wir haben Widerspruch eingelegt und immer Recht bekommen. Die Amtsrichter konnten uns nicht belegen, dass der Bescheid einer juristischen Prüfung standhalten würde.“
So der Fall von den Nachwuchsfußballern Mario, Efe Can und Abid (zwischen 15 und 16 Jahre) von der SG Wattenscheid 09. Statt zu Hause Computer zu spielen, trainierten sie ihre Fitness und liefen draußen im Park ihre Runden.
Anwalt Kempgens: „Ihrer Meinung nach mit Sicherheitsabstand. Das sah ein Mitarbeiter des Ordnungsamts der Stadt Gelsenkirchen anders und schrieb jedem ein 200-Euro-Knöllchen. Das Amtsgericht stellte das Verfahren nach unserem Einspruch ein. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Jungs eine Ordnungswidrigkeit begangen haben.“
Was tun, wenn ein Corona-Bußgeld droht?
Hier die vier wichtigsten Tipps von Anwalt Arndt Kempgens:
► „Bei Kontrollen entspannt bleiben, auch wenn man sich ungerecht behandelt fühlt.“
► „Auf keinen Fall Widerstand leisten, das wäre nämlich dann eine Straftat gegen Vollstreckungsbeamte und kann mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden.“
► „Vor Ort keine Aussage machen und vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen.“
► „Gegen den Bescheid dann Einspruch einlegen, die Frist beträgt zwei Wochen ab Zugang.“
Quelle + verantwortlich: BILD Zeitung