Aktuell häufen sich die Streifälle, in den jetzt Häuser von Generalunternehmern fertig gestellt werden und die Unternehmer nicht die Mehrwertsteuersenkung an die Kunden weitergeben wollen. Das macht nämlich erhebliche Beträge aus: Rund 3.000 EUR Unterschied pro Bausumme 100.000 EUR.

Hintergrund des Problems hier ist, dass die Mehrwertsteuer bei Vertragsschluss 19% war und bei Bauausführung nun eine niedrigere ist (16%).

Es kommt auf 2 Fragen: Welche Mehrwertsteuer muss der Unternehmer ausweisen und wer profitiert von der Mehrwertsteuersenkung? Also:

Welche Mehrwertsteuer muss der Unternehmer bei Bauten ausweisen?

Für die Höhe der Mehrwertsteuer kommt es auf den Leistungszeitpunkt an, also auf die Vollendung der Leistung.

Wenn also der Bau jetzt fertig gestellt wird, muss der Unternehmer nur 16% ausweisen und an das Finanzamt -ggfls. nach Vorsteuerabzug- weiterleiten.

Wer profitiert von der Senkung?

Das kommt auf die vertragliche Vereinbarung bei Vertragsschluss an.

Wenn im Vertrag ein Nettopreis „zuzüglich Mehrwertsteuer“ steht, muss der Unternehmer in jedem Falle die Senkung bei seiner Abschlussrechnung berücksichtigen, also abziehen.

Wenn im Vertrags ein Bruttopreis „inklusive 19% Mehrwertsteuer“ steht, muss der Unternehmer die Senkung ebenfalls an den Kunden weitergeben, da er die tatsächliche Mehrwertsteuer ja nun nicht mehr 19% ist. Er muss also ebenfalls die Abschlussrechnung reduzieren.

Wenn im Vertrag ein Bruttopreis „inklusive Mehrwertsteuer“ oder „inklusive der aktuellen Mehrwertsteuer“ steht, ist die Sache umstrittener. Ich meine aber, dass auch in diesen Fällen die aktuelle Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (also 19%) Vertragsgrundlage ist und daher auch in diesen Fällen der Kunde und nicht der Unternehmer von der Senkung profitieren muss. Also auch in diesen Fällen Senkung der Abschlussrechnung.

Dafür sprich auch die Zielrichtung der Bunderegierung: Nicht der Unternehmer soll profitieren, sondern der Verbraucher. Der Unternehmer soll ja grundsätzlich die Mehrwertsteuersenkung durch Reduzierung des Bruttopreises weitergeben. Wenn der Unternehmer aber den Bruttopreis stehen lässt, führt das zu einer Nettopreiserhöhung.

Und das war nicht Sinn der Mehrwertsteuersenkung.

So zumindest die hiesige Rechtsmeinung zum umstrittenen Thema.

RA Kempgens, Stand 31.8.2020