Das positive Urteil des Landgerichts München zum Anspruch eines Gastronoms auf Versicherungszahlung wegen Covid-19-Schließung schlägt hohe Welle.

Anders als z. B. das OLG Hamm haben die Richter nun einem Kläger einen Millionenbetrag gegen seinen Versicherer zugesprochen.

Was bedeutet das nun für Gastrobetriebe, wie ist das einzuschätzen?

Rechtlich geht es um Anspruch auf Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung

Besonders alte Versicherungspolicen nehmen in Ihren AGBs Bezug auf die bis Mai geltende Fassung des Infektionsschutzgesetze, und da waren Covid-19 und Sars-Cov-2 nicht erwähnt. Denn die AGB der Betriebsschließungsversicherungen nehmen regelmäßig Bezug auf die -damalige Fassung- ohne Erwähnung von Covid-19 (vgl. §§ 6 und 7 IfSG).

Frage also: Gibt es trotzdem Schutz für später aufgenommene Ergänzungen?

Nein, sagt OLG Hamm in einem Beschlussverfahren im Zusammenhang mit einer einstweiligen Verfügung (Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.07.2020, Az. 20W 21/20, OLG Hamm. Der Versicherungsnehmer könne nicht davon ausgehen, dass der Versicherer auch für eine später hinzukommende ähnliche Risiken Versicherungsschutz habe, so im Ergebnis das OLG Hamm.

Anders sieht es nun das LG München. „Intransparenz“ ist das Argument. In einem solchen Fall müssen / können dann die Versicherungsbedingungen durch richterliche Ergänzung / Auslegung auch neue Sachverhalte in den Versicherungsschutz aufnehmen.

Hintergrund des versicherungsrechtlich wichtigen Arguments „Intransparenz“ ist die ständige Rechtsprechung des BGH zur Auslegung von Versicherungsbedingungen. Diese sind nach der Rechtsprechung der höchsten deutschen Zivilrichter so auszuglegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie versteht. Wenn dabei Lücken entstehen, sind diese zu Gunsten des Versicherungsnehmers auszulegen zu ergänzen. Also: Doch Versicherungsschutz und Zahlung für Covid-Betriebsschließung.

Versicherungsrechtlich ein bahnbrechendes Urteil der Richter aus München, das allen betroffenen Gastronomen erheblich weiterhilft. Sie können sich nun auf das Urteil berufen und als Argumentationshilfe für Ihre Ansprüche heranziehen.

Das Urteil des Münchener Richter wird aber in erster Instanz sicherlich nicht rechtskräftig wird. Die beklagte Versicherung hat -erwartungsgemäß- bereits angekündigt, Berufung zum OLG München einzulegen.

Die endgültige Entscheidung wird -wie beim VW-Abgaskandal- vermutlich durch den BGH getroffen, voraussichtlich aber erst in einige Zeit.

Hier finden Sie den RTL Beitrag zum Thema vom 1.10.2020 mit RA Kempgens im Interview:

https://www.tvnow.de/shows/rtl-aktuell-33/2020-10/episode-275-sendung-vom-01-10-2020-3438577?utm_source=rtl&utm_medium=owned&utm_campaign=right_rail&utm_term=rtl-aktuell