Kanzleiinfo zur umstrittenen Öffentlichkeitsfahndung der Polizei Dortmund.

Der Fall: https://rp-online.de/nrw/panorama/dortmund-polizei-sucht-mit-foto-nach-18-jaehriger-lisa-mit-baby-maximilian_aid-37627493

Das Netzt diskutiert den Fall sehr kontrovers, sehen Sie mehr zum Thema mit RA Kempgens im WDR Interview bei der Lokalzeit Dortmund am 25.3. ab 19.30 Uhr.

 

Hier die Infos unserer Kanzlei zu dieser Art der Öffentlichkeitsfahndung:

Darf die Polizei schon nach 2 Tagen das Bild einer Mutter mit ihrem Baby zu Fahndungszwecken veröffentlichen?

Grundsätzlich muss die Polizei im Ermittlungsverfahren immer zu den mildesten Mitteln greifen. Das bedeutet, dass sie auch in Fällen, in denen Bilder einer Überwachungskamera vorliegen, erst einmal polizeiintern fahnden muss, bevor diese Bilder veröffentlicht werden dürfen. Schließlich haben auch potenzielle Täter das grundrechtlich geschützte Recht am eigenen Bild. Eine Veröffentlichung stellt somit einen massiven Grundrechtseingriff dar.

In manchen Fällen ist die Veröffentlichung jedoch rechtmäßig und sogar erforderlich. Dies hängt jedoch stark von der Dringlichkeit und der Schwere des Delikts ab. Diese Kriterien bestimmen auch, wie viel Zeit zwischen der Tatbegehung und der Veröffentlichung vergehen.

Die rechtliche Grundlage für eine Öffentlichkeitsfahndung ist § 131 b StPO. Danach ist die Veröffentlichung von Abbildungen eines Beschuldigten, der einer Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig ist, zulässig, wenn die Aufklärung einer Straftat auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre.

Wenn eine von den Behörden als psychisch labil eingestufte Mutter mit ihrem 3 Monate alten Kleinkind untertaucht, für das sie ohne fremde Hilfe nicht ausreichend sorgen könne, kann dies eine drohende (und strafbare) Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht i.S.d. § 171 StGB darstellen. In einem solchen Fall kann eine akute Gefahr für Leib und Leben des Kindes bestehen. Folglich kann in engsten Grenzen schon binnen kürzester Zeit ein Foto zu Fahndungszwecken veröffentlicht werden.

Zuständig für die Überwachung des Kindeswohls sind die Jugendämter und gemäß § 1666 BGB die Jugendgerichte.

Wenn sich im Nachhinein herausstellt, das die Veröffentlichung der Fotos nicht zu rechtfertigen und unangemessen / überzogen war, können der Geschädigten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zustehen.

RA Kempgens 25.3.